Weiter Richtung Süden
Malcom ist der Name unseres Mechanikers, dem wir die Reparatur der Zylinderkopfdichtung anvertrauten. Wir brauchten jedenfalls nicht lange nach ihm zu suchen.
„Malcom, Malcom, Malcom…“
Malcom ist der Verkäufer unseres Vans „Sammy“. Er wurde weiß wie eine Kalkwand, als wir plötzlich vor seiner Tür standen. Damit hatte er nicht gerechnet, uns noch einmal wiederzusehen. Wir genossen den Augenblick.
In den meisten Fällen ist es nämlich unwahrscheinlich, dass ein Autoverkäufer, hier in Australien, den neuen Besitzer ein zweites Mal zu Gesicht bekommt. Vorausgesetzt der Käufer ist ein Reisender, so wie wir es sind. Denn diese besorgen sich ihr neues Gefährt, meistens eben einen Van oder einen Kombi, und machen sich danach auf und davon, um das große, weite Land zu erkunden. Und da Australien eineinhalb mal so groß ist wie Europa, ist es eher ausgeschlossen, dass man sich erneut begegnet.
Diese Tatsache ist einigen Mechanikern selbstverständlich bewusst und sie versuchen demzufolge daraus ein Geschäft zu machen. Sie kaufen alte, schrottreife Vans oder Kombis zu Dumpingpreisen und reparieren sie auf billige Art und Weise. Manchmal bauen sie die Autos auch noch zum Schlafplatz um, was in unserem Fall ja nicht einmal ausgeführt wurde. Egal.
Danach werden sie jedenfalls an junge, ahnungslose Backpacker wieder teuer verscherbelt. Vor allem an diejenigen, die keine Ahnung von Autos haben. Ich muss gestehen, dass auch ich zu diesen Personen zähle, denn bei mir hört es nach dem Auftanken oder des Auffüllens des Scheibenwassers auch schon wieder auf mit meinem Latein. Für die Probleme, welche einen nach solch einem Autokauf dann einholen können, sind wir im Augenblick jawohl ein sehr gutes Beispiel.
Auch Malcom verdient auf diese Weise sein Geld. Das wissen wir jetzt, im Nachhinein.
Darum war dieser Überraschungseffekt, und ich meine er wurde wirklich weiß wie eine Kalkwand, für uns eine kleine Genugtuung.
„Malcom, Malcom, Malcom…“
Wir unterhielten uns lange mit ihm über unsere Werkstattbesuche, zeigten ihm die dazugehörigen Rechnungen und erzählten ihm auch, was uns die anderen Mechaniker mit auf den Weg gegeben haben. Er hörte sich alles aufmerksam mit an und wir konnten beinahe fühlen, dass ihm die ganze Angelegenheit leid tat. Aber das war ein Irrtum. Ich erklärte ihm dann noch schnell meine Theorie unseres kaputten Autoradios und der folgenden Kettenreaktion. Auch erläuterte ich ihm die Annahme, dass alle Tiere des Regenwaldes gut miteinander befreundet sind und es deshalb fertig brachten, uns die schmackhafte Mango aus dem Auto zu klauen. Malcom nahm dazu keine Stellung und tat so, als habe er mich gar nicht gehört.
Na wenigstens erklärte er sich bereit uns die Dichtung günstig zu wechseln.
Um es genau zu sagen, so glauben wir jetzt, ist Malcom einfach von Natur aus so „billig“. Er repariert eben auch sein eigenes Auto am günstigsten, wundert sich dann aber offenbar jedes Mal, wenn seine Karre nicht mehr läuft. Er ist wohl so. Immer alles billig und Second Hand, bloß nicht zu viel ausgeben. Ist ja auch in Ordnung, wenn es für ihn selbst funktioniert. Wir bevorzugen jedoch lieber „neues“ Ersatzteil im Auto. Einfach nur, um danach Ruhe zu haben. Sein Angebot, mir noch einen gebrauchten Ölfilter einzubauen, lehnte ich deshalb dankend ab.
So machten wir uns im Endeffekt gemeinsam daran, den Motor in Einzelteile zu zerlegen, um die Zylinderkopfdichtung auszutauschen. Öl tropfte, Wasser leckte und der Staub wehte. Keine vernünftige Werkstatt, unbrauchbares Werkzeug und die ganze Zeit die Weisheiten aus Malcoms Mund. „Das geht auch so!“, „Das brauchst du nicht.“, „Die anderen Mechaniker sind alle viel zu teuer.“ und „Das kann man auch alles billiger machen.“. Es war einfach nicht schön ihm bei seiner Arbeit zuzusehen. Auch nicht ihm zuzuhören. Aber was sollten wir erwarten? Wir waren froh die Sache schnell hinter uns zu bringen.
Und wir brachten es schnell hinter uns. Zu schnell…, viel zu schnell.
Ich hatte doch keine Ahnung davon, was eigentlich beachtet und ausgeführt werden muss, wenn man eine Zylinderkopfdichtung wechselt. Der Zylinderkopf muss zum Beispiel maschinell abgeschliffen und überhaupt muss alles genaustens angepasst werden. Es geht hier um Millimeter. Auch darf kein Körnchen Dreck hinein gelangen, was bei Malcom beim besten Willen nicht möglich war. Ich meine, alles wurde auf dem staubigen Boden erledigt. Eine Werkbank gab es nicht. Den Zylinderkopf hat er mit einem Handschleifgerät bearbeitet und erzählte mir dabei noch, dass es so auf jeden Fall ausreichen würde. Und ich „Idiot“, habe ihm das alles noch geglaubt.
Das diese „Drecks-“Arbeit jedoch, nur einige Wochen später, zu unserem bis hierher größten Abenteuer, sowie beinahe zu unserem finanziellen „Aus“ führen würde, konnten wir zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht erahnen.
Nach nur wenigen Stunden war alles erledigt. Der Motor hatte nun seine „neue“ Dichtung und einen „neuen“ Ölfilter. Wir waren bereit für den Aufbruch.
Das hier ist ein kleiner, nasser Kukaburra. Er war aus dem Nest gefallen und jemand hatte ihn in diese Schale zum Trocknen gesetzt.
Der Weg führte uns als nächstes nach New South Wales. Die Provinz New South Wales ist doppelt so groß wie Deutschland, hat circa sechseinhalb Millionen Einwohner und war früher der Ausgangspunkt für die europäische Besiedelung durch Kapitän Cook. Die Küstenregion ist jedenfalls ziemlich dicht besiedelt. So fuhren wir zwar durch wunderschöne Orte, bekamen von der „wilden“ Natur Australiens dagegen aber etwas weniger mit.
Bis zu diesem regnerischen Morgen an einer Raststelle.
Da war sie. Sie hing an der Innenseite unserer Fensterscheibe. Sie war riesig und beobachtete uns genau. Ihre Haare standen aufrecht und ihre Fangzähne trieften vor Blutdurst.
Jemand hatte uns in die Falle gelockt. „Wie konnte das sein?“ Wir waren steif vor Angst. Jede Bewegung könnte in diesem Augenblick unsere letzte sein. Wir hatten aber keine Zeit mehr darüber nachzudenken wie so etwas geschehen konnte. Es gab keinen Ausweg mehr für uns. Wir mussten kämpfen um sie aus dem Auto zu bekommen. Aber wie? Uns gingen viele Varianten, sie zu vertreiben, durch unsere Köpfe. Mit einem Speer zum Beispiel, einem riesen Messer, oder gar mit einem magischen Licht, so wie Frodo es in „Herr der Ringe“ tat. Aber nichts davon hatten wir rechtzeitig zur Hand. Uns blieb nur ein Handfeger, aber nicht mehr viel Zeit. Sie bewegte sich nämlich gerade Richtung Innenraum. Anne schrie auf und weigerte sich, dieses mal ernsthaft, an dieses Ungeheuer heranzutreten. Ich meine, diese Spinne war riesig. Wir haben noch nie ein Tier dieser Größe gesehen. Wenn ich sagen würde, sie war so groß wie meine Hand, müsste ich lügen. Sie war größer. Meine Finger sind nämlich nicht so lang, aber das ist ein anderes Thema.
Die Spinne bewegte sich zu unserem Glück nicht schnell genug und ich konnte sie mit einer raschen Bewegung von der Tür fegen. Bei meiner Spinnenphobie war dieser Moment die reinste Hölle. Anne schrie aus Angst und wir beide schüttelten uns vor Erleichterung als Godzilla in einem Busch verschwand.
Wir wissen bis heute nicht, wie diese Spinne in das Auto gelangt ist. Wir hatten nämlich in dieser Zeit nachts alle Türen verschlossen, da es viel regnete. Der Gedanke, wir hatten sie schon eine ganze Weile im Auto mitgeführt, bereitet uns immer noch Panik.
Alles was wir bis heute wissen ist, sie war nicht giftig.
So stellten wir uns den Kampf vor. Mit großem Messer, oder wie Anne, mit magischem Licht und Speer.
Und so ging es weiter. Der Schock steckte zwar noch etwas in unseren Knochen, aber dennoch gingen wir Stück für Stück wieder in unseren Travelalltag über. Wenn wir müde waren, schliefen wir, wenn wir hungrig waren, aßen wir und wenn wir tanken mussten, tankten wir.
Der Regen machte uns zwar etwas zu schaffen und unser Budget verringerte sich auch dramatisch, aber wir waren guter Hoffnung.
Als wir in Sydney hereinfuhren, ging die Sonne auf. Wir haben das aber keineswegs als ein Zeichen aufgefasst. Gefreut haben wir uns dagegen riesig. Denn bei blauem, wolkenfreiem Himmel vor dem berühmten Opernhaus zu stehen, macht diesen Moment unvergesslich.
Sydney hat so ungefähr vier Millionen Einwohner und ist somit nicht nur die größte City New South Wales, sondern auch Australiens. Ich glaube man könnte sein ganzes Jahr hier verbringen und würde noch nicht einmal die Hälfte dieser gewaltigen Metropole kennenlernen.
Wir waren vor genau vier Jahren schon einmal hier. Eigentlich waren wir zweimal hier, saßen vermutlich sogar beide Male an der gleichen Stelle um das Treiben vor Ort zu beobachten. Der Anblick Sydneys Skyline, des Opernhauses oder gar der Hafenbrücke ist jedoch immer wieder beeindruckend. Es macht einfach Spaß hier zu verweilen und die Aussicht zu genießen. Genau das taten wir.
Wir entschieden uns aber, nicht in Sydney zu übernachten. Wir wollten weiter.
Unser nächstes Ziel lag bereits in der nächsten Provinz, in Victoria. Bairnsdale ist der Name der kleinen Stadt, in der wir uns wieder auf Arbeitssuche begeben wollten. Wir hatten in Erfahrung gebracht, dass dort eine Menge Farmarbeit zu finden sei, also machten wir uns auf.
Auf dem Weg erfuhren wir, dass Frank und Nicole bereits in Bairnsdale Stellung bezogen und sogar schon auf einer Farm Arbeit gefunden haben. Das freute uns sehr und wir besuchten sie natürlich, als wir nach Bairnsdale kamen. Sie wohnten auf einem Zeltplatz, in einer kleinen Hütte. Für uns jedoch kam alles schneller als erwartet.
Wir zogen mit in die Hütte, da es im Van nachts zum Schlafen einfach zu kalt wurde und wir bekamen einen Job auf der gleichen Farm. Klingt alles sehr vorteilhaft. Das Problem aber war, wir bekamen so wenige Stunden in dem Bohnenpackhaus, dass wir davon nicht einmal die Miete hätten bezahlen können.
So kam es eher, dass wir mit den beiden einen kleinen Urlaub in Bairnsdale verbrachten. Wir fuhren zu verschiedenen Stränden, in einige andere Städte und angelten viel in dem Fluss genau vor der „Haustür“.
Hier könnt Ihr mich mit einem gefangenen Aal sehen. Das Monster hätte mich beinahe mit in die Tiefe des Flusses gerissen. Die Angelsehne schneidet sich gerade, beim Hochhalten, in meine Hände. Ich glaube man kann den Schmerz deutlich in meinem Gesicht erkennen.
Es konnte so aber natürlich nicht weiter gehen. Wir mussten Geld verdienen. Also begannen wir zur viert die Umgebung nach Farmarbeit abzuklappern. Leider vergeblich. Es sollte nicht sein.
Anne und ich hatten allerdings noch einen kleinen Trumpf im Ärmel. Vor vier Jahren haben wir in Shepparton gearbeitet. Shepparton liegt circa zweihundert Kilometer nördlich von Melbourne und somit ungefähr fünfhundert Kilometer von Bairnsdale entfernt. Aber dort war Arbeit für uns. Und so kam es. Wir brachen die Zelte ab und machten uns auf den Weg nach Shepparton.
Anne in Sydney
So Ihr Lieben, vielen Dank wieder für Euer Interesse. Bis zum nächsten Beitrag.
Eure Anne, mit den großen… & Euer Bunki, mit dem großen…
„Malcom, Malcom, Malcom…“
Malcom ist der Verkäufer unseres Vans „Sammy“. Er wurde weiß wie eine Kalkwand, als wir plötzlich vor seiner Tür standen. Damit hatte er nicht gerechnet, uns noch einmal wiederzusehen. Wir genossen den Augenblick.
In den meisten Fällen ist es nämlich unwahrscheinlich, dass ein Autoverkäufer, hier in Australien, den neuen Besitzer ein zweites Mal zu Gesicht bekommt. Vorausgesetzt der Käufer ist ein Reisender, so wie wir es sind. Denn diese besorgen sich ihr neues Gefährt, meistens eben einen Van oder einen Kombi, und machen sich danach auf und davon, um das große, weite Land zu erkunden. Und da Australien eineinhalb mal so groß ist wie Europa, ist es eher ausgeschlossen, dass man sich erneut begegnet.
Diese Tatsache ist einigen Mechanikern selbstverständlich bewusst und sie versuchen demzufolge daraus ein Geschäft zu machen. Sie kaufen alte, schrottreife Vans oder Kombis zu Dumpingpreisen und reparieren sie auf billige Art und Weise. Manchmal bauen sie die Autos auch noch zum Schlafplatz um, was in unserem Fall ja nicht einmal ausgeführt wurde. Egal.
Danach werden sie jedenfalls an junge, ahnungslose Backpacker wieder teuer verscherbelt. Vor allem an diejenigen, die keine Ahnung von Autos haben. Ich muss gestehen, dass auch ich zu diesen Personen zähle, denn bei mir hört es nach dem Auftanken oder des Auffüllens des Scheibenwassers auch schon wieder auf mit meinem Latein. Für die Probleme, welche einen nach solch einem Autokauf dann einholen können, sind wir im Augenblick jawohl ein sehr gutes Beispiel.
Auch Malcom verdient auf diese Weise sein Geld. Das wissen wir jetzt, im Nachhinein.
Darum war dieser Überraschungseffekt, und ich meine er wurde wirklich weiß wie eine Kalkwand, für uns eine kleine Genugtuung.
„Malcom, Malcom, Malcom…“
Wir unterhielten uns lange mit ihm über unsere Werkstattbesuche, zeigten ihm die dazugehörigen Rechnungen und erzählten ihm auch, was uns die anderen Mechaniker mit auf den Weg gegeben haben. Er hörte sich alles aufmerksam mit an und wir konnten beinahe fühlen, dass ihm die ganze Angelegenheit leid tat. Aber das war ein Irrtum. Ich erklärte ihm dann noch schnell meine Theorie unseres kaputten Autoradios und der folgenden Kettenreaktion. Auch erläuterte ich ihm die Annahme, dass alle Tiere des Regenwaldes gut miteinander befreundet sind und es deshalb fertig brachten, uns die schmackhafte Mango aus dem Auto zu klauen. Malcom nahm dazu keine Stellung und tat so, als habe er mich gar nicht gehört.
Na wenigstens erklärte er sich bereit uns die Dichtung günstig zu wechseln.
Um es genau zu sagen, so glauben wir jetzt, ist Malcom einfach von Natur aus so „billig“. Er repariert eben auch sein eigenes Auto am günstigsten, wundert sich dann aber offenbar jedes Mal, wenn seine Karre nicht mehr läuft. Er ist wohl so. Immer alles billig und Second Hand, bloß nicht zu viel ausgeben. Ist ja auch in Ordnung, wenn es für ihn selbst funktioniert. Wir bevorzugen jedoch lieber „neues“ Ersatzteil im Auto. Einfach nur, um danach Ruhe zu haben. Sein Angebot, mir noch einen gebrauchten Ölfilter einzubauen, lehnte ich deshalb dankend ab.
So machten wir uns im Endeffekt gemeinsam daran, den Motor in Einzelteile zu zerlegen, um die Zylinderkopfdichtung auszutauschen. Öl tropfte, Wasser leckte und der Staub wehte. Keine vernünftige Werkstatt, unbrauchbares Werkzeug und die ganze Zeit die Weisheiten aus Malcoms Mund. „Das geht auch so!“, „Das brauchst du nicht.“, „Die anderen Mechaniker sind alle viel zu teuer.“ und „Das kann man auch alles billiger machen.“. Es war einfach nicht schön ihm bei seiner Arbeit zuzusehen. Auch nicht ihm zuzuhören. Aber was sollten wir erwarten? Wir waren froh die Sache schnell hinter uns zu bringen.
Und wir brachten es schnell hinter uns. Zu schnell…, viel zu schnell.
Ich hatte doch keine Ahnung davon, was eigentlich beachtet und ausgeführt werden muss, wenn man eine Zylinderkopfdichtung wechselt. Der Zylinderkopf muss zum Beispiel maschinell abgeschliffen und überhaupt muss alles genaustens angepasst werden. Es geht hier um Millimeter. Auch darf kein Körnchen Dreck hinein gelangen, was bei Malcom beim besten Willen nicht möglich war. Ich meine, alles wurde auf dem staubigen Boden erledigt. Eine Werkbank gab es nicht. Den Zylinderkopf hat er mit einem Handschleifgerät bearbeitet und erzählte mir dabei noch, dass es so auf jeden Fall ausreichen würde. Und ich „Idiot“, habe ihm das alles noch geglaubt.
Das diese „Drecks-“Arbeit jedoch, nur einige Wochen später, zu unserem bis hierher größten Abenteuer, sowie beinahe zu unserem finanziellen „Aus“ führen würde, konnten wir zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht erahnen.
Nach nur wenigen Stunden war alles erledigt. Der Motor hatte nun seine „neue“ Dichtung und einen „neuen“ Ölfilter. Wir waren bereit für den Aufbruch.
Das hier ist ein kleiner, nasser Kukaburra. Er war aus dem Nest gefallen und jemand hatte ihn in diese Schale zum Trocknen gesetzt.
Der Weg führte uns als nächstes nach New South Wales. Die Provinz New South Wales ist doppelt so groß wie Deutschland, hat circa sechseinhalb Millionen Einwohner und war früher der Ausgangspunkt für die europäische Besiedelung durch Kapitän Cook. Die Küstenregion ist jedenfalls ziemlich dicht besiedelt. So fuhren wir zwar durch wunderschöne Orte, bekamen von der „wilden“ Natur Australiens dagegen aber etwas weniger mit.
Bis zu diesem regnerischen Morgen an einer Raststelle.
Da war sie. Sie hing an der Innenseite unserer Fensterscheibe. Sie war riesig und beobachtete uns genau. Ihre Haare standen aufrecht und ihre Fangzähne trieften vor Blutdurst.
Jemand hatte uns in die Falle gelockt. „Wie konnte das sein?“ Wir waren steif vor Angst. Jede Bewegung könnte in diesem Augenblick unsere letzte sein. Wir hatten aber keine Zeit mehr darüber nachzudenken wie so etwas geschehen konnte. Es gab keinen Ausweg mehr für uns. Wir mussten kämpfen um sie aus dem Auto zu bekommen. Aber wie? Uns gingen viele Varianten, sie zu vertreiben, durch unsere Köpfe. Mit einem Speer zum Beispiel, einem riesen Messer, oder gar mit einem magischen Licht, so wie Frodo es in „Herr der Ringe“ tat. Aber nichts davon hatten wir rechtzeitig zur Hand. Uns blieb nur ein Handfeger, aber nicht mehr viel Zeit. Sie bewegte sich nämlich gerade Richtung Innenraum. Anne schrie auf und weigerte sich, dieses mal ernsthaft, an dieses Ungeheuer heranzutreten. Ich meine, diese Spinne war riesig. Wir haben noch nie ein Tier dieser Größe gesehen. Wenn ich sagen würde, sie war so groß wie meine Hand, müsste ich lügen. Sie war größer. Meine Finger sind nämlich nicht so lang, aber das ist ein anderes Thema.
Die Spinne bewegte sich zu unserem Glück nicht schnell genug und ich konnte sie mit einer raschen Bewegung von der Tür fegen. Bei meiner Spinnenphobie war dieser Moment die reinste Hölle. Anne schrie aus Angst und wir beide schüttelten uns vor Erleichterung als Godzilla in einem Busch verschwand.
Wir wissen bis heute nicht, wie diese Spinne in das Auto gelangt ist. Wir hatten nämlich in dieser Zeit nachts alle Türen verschlossen, da es viel regnete. Der Gedanke, wir hatten sie schon eine ganze Weile im Auto mitgeführt, bereitet uns immer noch Panik.
Alles was wir bis heute wissen ist, sie war nicht giftig.
So stellten wir uns den Kampf vor. Mit großem Messer, oder wie Anne, mit magischem Licht und Speer.
Und so ging es weiter. Der Schock steckte zwar noch etwas in unseren Knochen, aber dennoch gingen wir Stück für Stück wieder in unseren Travelalltag über. Wenn wir müde waren, schliefen wir, wenn wir hungrig waren, aßen wir und wenn wir tanken mussten, tankten wir.
Der Regen machte uns zwar etwas zu schaffen und unser Budget verringerte sich auch dramatisch, aber wir waren guter Hoffnung.
Als wir in Sydney hereinfuhren, ging die Sonne auf. Wir haben das aber keineswegs als ein Zeichen aufgefasst. Gefreut haben wir uns dagegen riesig. Denn bei blauem, wolkenfreiem Himmel vor dem berühmten Opernhaus zu stehen, macht diesen Moment unvergesslich.
Sydney hat so ungefähr vier Millionen Einwohner und ist somit nicht nur die größte City New South Wales, sondern auch Australiens. Ich glaube man könnte sein ganzes Jahr hier verbringen und würde noch nicht einmal die Hälfte dieser gewaltigen Metropole kennenlernen.
Wir waren vor genau vier Jahren schon einmal hier. Eigentlich waren wir zweimal hier, saßen vermutlich sogar beide Male an der gleichen Stelle um das Treiben vor Ort zu beobachten. Der Anblick Sydneys Skyline, des Opernhauses oder gar der Hafenbrücke ist jedoch immer wieder beeindruckend. Es macht einfach Spaß hier zu verweilen und die Aussicht zu genießen. Genau das taten wir.
Wir entschieden uns aber, nicht in Sydney zu übernachten. Wir wollten weiter.
Unser nächstes Ziel lag bereits in der nächsten Provinz, in Victoria. Bairnsdale ist der Name der kleinen Stadt, in der wir uns wieder auf Arbeitssuche begeben wollten. Wir hatten in Erfahrung gebracht, dass dort eine Menge Farmarbeit zu finden sei, also machten wir uns auf.
Auf dem Weg erfuhren wir, dass Frank und Nicole bereits in Bairnsdale Stellung bezogen und sogar schon auf einer Farm Arbeit gefunden haben. Das freute uns sehr und wir besuchten sie natürlich, als wir nach Bairnsdale kamen. Sie wohnten auf einem Zeltplatz, in einer kleinen Hütte. Für uns jedoch kam alles schneller als erwartet.
Wir zogen mit in die Hütte, da es im Van nachts zum Schlafen einfach zu kalt wurde und wir bekamen einen Job auf der gleichen Farm. Klingt alles sehr vorteilhaft. Das Problem aber war, wir bekamen so wenige Stunden in dem Bohnenpackhaus, dass wir davon nicht einmal die Miete hätten bezahlen können.
So kam es eher, dass wir mit den beiden einen kleinen Urlaub in Bairnsdale verbrachten. Wir fuhren zu verschiedenen Stränden, in einige andere Städte und angelten viel in dem Fluss genau vor der „Haustür“.
Hier könnt Ihr mich mit einem gefangenen Aal sehen. Das Monster hätte mich beinahe mit in die Tiefe des Flusses gerissen. Die Angelsehne schneidet sich gerade, beim Hochhalten, in meine Hände. Ich glaube man kann den Schmerz deutlich in meinem Gesicht erkennen.
Es konnte so aber natürlich nicht weiter gehen. Wir mussten Geld verdienen. Also begannen wir zur viert die Umgebung nach Farmarbeit abzuklappern. Leider vergeblich. Es sollte nicht sein.
Anne und ich hatten allerdings noch einen kleinen Trumpf im Ärmel. Vor vier Jahren haben wir in Shepparton gearbeitet. Shepparton liegt circa zweihundert Kilometer nördlich von Melbourne und somit ungefähr fünfhundert Kilometer von Bairnsdale entfernt. Aber dort war Arbeit für uns. Und so kam es. Wir brachen die Zelte ab und machten uns auf den Weg nach Shepparton.
Anne in Sydney
So Ihr Lieben, vielen Dank wieder für Euer Interesse. Bis zum nächsten Beitrag.
Eure Anne, mit den großen… & Euer Bunki, mit dem großen…
Anne_und_Bunki - 2. Mär, 06:45
...und wenn ihr nochma nich ans Telefon geht, denn....komm ich da hin!!!